Das mit den Künsten ist so eine Sache. Was ist denn das überhaupt – die Kunst? Als Avantgardefunktion scheint die Kunst ihre Rolle längst verloren zu haben. Wenngleich nicht auf den ersten Blick sichtbar, so habe ich mich im Kontext von Wirtschaft-Arbeit-Technik (früher Arbeitslehre) und der Informatik stets mit Fragen der Gestaltung, des Designs, ganz allgemein der Kreativität auseinandergesetzt und versucht, dies in den Unterricht einfließen zu lassen.
Den Kunstbegriff auf sogenannte musische Fächer zu beschränken erschien mir immer schon skandalös, klammert er doch den ganzen Komplex des Naturwissenschaftlich-Technischen fast zur Gänze aus, aber gerade von dort sind in den letzten Jahrzehnten wohl die größten Innovationsschübe ausgegangen.
Ich spreche von Informationstechnologie, die die Ästhetik der Kommunikation in einem Maß verändert hat, deren Konsequenzen wohl noch nicht wirklich absehbar sind. Apple&Co haben die Welt mit Designerprodukten überzogen, haben neue Netze und „Gemeinden“ geschaffen. Wohl verdankt Apple seinen Erfolg technischer Innovation, doch ein Großteil des Erfolgs basiert auf der Neudefinition von Kommunikationsdesign im digitalen Zeitalter.
Dem gegenüber steht ein anderer Trend in unserer Gesellschaft, den ich jetzt sehr frei etwa als „Rückkehr zu einem etwas weniger komplexen Leben“ bezeichnen möchte, die Sehnsucht nach Elementar-Sinnlichem, nach direkten und authentischen Erfahrungen, nicht dauermanipuliert durch irgendwelche Animationen (Stichpunkt aktuelle Yogakultur). Gerade in diesem Kontext gewinnen Schlagworte wie Nachhaltigkeit und Ökologie eine neue Rolle und Bedeutung.
Genau in diesem Zusammenhang möchte ich das Projekt „urban gardening“ erwähnen. Dieses Projekt läuft seit dem Herbst 2009 und wird seitdem tatkräftigst vom Förderverein unterstützt. Über die Jahre entstand dort ein Garten, in dem Gemüse genauso wie Blumen gedeihen. Der Garten wird zusammen mit einem Gärtner ständig weiter entwickelt, aktuell läuft ein fächerübergreifendes Projekt (Nawi und WAT), das sich zur Aufgabe gemacht hat, mobile Beete anzulegen, darin Gemüse zu pflanzen, das im Laufe des Unterrichts dann auch verarbeitet werden soll, duales Lernen in Reinform, so wie es derzeit überall gefordert wird.
Im Bereich der Informationstechnologie sind in den letzten Jahren neue Verbindungen zwischen Design und Technik entstanden, Brücken, die dazu beitragen sollen, Berührungsängste mit Technik im Allgemeinen für sogenannte „Kreative“ abzubauen, es geht um einen neuen spielerischen Zugang zum Gestalten mit Technik und Elektronik. Als Beispiel hierfür wäre Arduino zu erwähnen, ein Mikrocontroller, der eine neuartige Interaktion zwischen Mensch und Maschine, sowie die relativ einfache Realisierung von Kunst- und Roboterprojekten in Form funktionsfähiger Prototypen ermöglicht. Dieses Projekt wurde dieses Jahr zum ersten Mal in einem Basiskurs Informatik in der 11. Klasse durchgeführt und stellt den Versuch dar, Informationstechnologie im Kontext zu erleben, mit Technik zu gestalten, Kommunikation mit Technologie zu gestalten.
Die Schule der Zukunft braucht Orte, wo Erfahrungen vielfältigster Art gemacht, wo soziales Zusammenwirken und soziale Zusammenhänge jenseits des Klassenzimmers erlebt werden können: durch das Arbeiten an einem gemeinsamen Projekt, durch gemeinsames Gestalten, einem veränderten Umgang mit Natur sowie der Sensibilisierung für ökologische Kreisläufe. Einer informationstechnisch durchgestalteten Welt wird jetzt nicht der „Garten“ als DIE Alternative entgegengesetzt, sondern als ein Ort vorgestellt, wo Erfahrungen anderer Art möglich sein sollen, Erfahrungen die in Verbindung mit einer sich immer weiter ausbreitenden Kommunikation zwischen Mensch und Maschine von größter Bedeutung sein werden. In Zukunft werden wir beides brauchen: kreativ gestaltete Informationstechnologie UND Ökologie/Nachhaltigkeit, anders werden die Probleme der Zukunft wohl nicht zu bewältigen sein.