Der Film Alphabet zeigt -wenngleich etwas einseitig- wohin unser heutiges Bildungssystem führt, es scheint geradezu in der Luft zu liegen, etwas fundamental anderes in Sachen Bildung zu versuchen, ja wir sind gefordet, etwas zu ändern, denn so wie es ist, kann es nicht weitergehen.
Die Beispiele waren sehr extrem gewählt: vom zentalistisch gesteuerten zu 100% am Prüfungsselektionismus orientierten Schulsystem Chinas zum schullosen Erziehen von Kindern, sie einzig in ihrem Wachsen zu unterstützen und fördern ohne Konkurrenz ohne sie jemals mit irgendeinem Nachbarn oder einer Nachbarin zu vergleichen. Auch Mr. Pisa – Dr. Schleicher – durfte nicht fehlen, eine graue Figur, aus der nichts als die Obsession zu messen, was es zu messen gilt, spricht, leblos und phantasielos und sie denken, den entscheidenden Schlüssel für die Bildung der Zukunft entwickelt zu haben? Ein Meßgerät um Bildung meßbar zu machen? Diese Menschen verstehen überhaupt nicht, was gestalterischer, unternehmerischer Umgang mit Wirklichkeiten ist, das sind Roboter, angsterfüllt vor jeder menschlichen Reaktion, peinlichst bestrebt, alles unvorhersebare aus dem Leben zu verbannen, graue Mäuse, die aber unendlich viel Schaden anrichten.
Und dann die McKinsey-Menschen, diese gefährlichen der gefährlichsten Roboter, die für die Zukunft gezüchtet werden: Zuchttiere sind das – Woll-Milch-Säue-, ideologisch verbrämt und deshalb auch so gefährlich, der gesamte religiöse Eifer fließt dort zusammen, gebündelt in simplen Ökonomieformeln, denen sie alles opfern. Sie folgen dem Glaubensbekenntnis der Ökonomie, beten um Profitmaximierung und sind bereit, dafür so ziemlich alles, was kreucht und fleucht zu opfern.
Marionetten einer Leistungsideologie, die sie zu komplett ferngesteuerten Robotern werden lässt, nicht Maschinen, nein, sie sind befähigt, Entscheidungen zu treffen, noch dazu ganz wichtige und das tun sie auch mit einer Kälte und Härte, die seinesgleichen sucht. Entemotionalisierte Marionetten, die einem Willen gehorchen, der wohl nicht der ihre ist. Menschen, die es sich nicht werden leisten können, auf ihr Herz zu hören, sie werden nur der Macht und der Verführung frönen: wie kann ich die Aufmerksamkeit auf die oberen Etagen im Supermarkt lenken? Damit werden sie sich beschäftigen, wie kann ich verführen, manipulieren sodass sie in meinem Reich und nicht im Feindesland konsumieren werden.
Heute werden die Kriege ganz anders geführt, es geht um Übernahmen, selbst ist man dann womöglich von einer feindlichen Übernahme bedroht und all das soll ihrer Meinung nach – nach Meinung derjenigen, die ja den Markt so gut zu kennen scheinen – schon von Kindesalter an gelernt werden, Konkurrenz was das Zeug hält und dabei reden alle von Teamfähigkeit, ja wie soll das zusammengehen?
Miteinander kommunizieren ohne sich zu berühren, davon träumen dann diese Menschen, ihr emotionales Korsett soll davon unbescholten bleiben, sie immunisieren sich also, treten nur soweit in Kommunikation, dass es zu keiner wie auch immer gearteten Irritation der eigenen Gefühlswelt kommt, denn das ist der größte Störfaktor überhaupt.
Es liegt in der Luft, es muss etwas geändert werden, zuviele Menschen bleiben heute auf der Stelle und es ist höchste Zeit, dass wir uns endlich von einem bildungsbürgerlich orientierten Bildungskonzept verabschieden, denn was wir wissen können wir noch lange nicht und das, was die Schule lernt bereitet nicht aufs Leben vor sondern dient einzig der Verwahrung und Selektion und nicht der Entwicklung von Unternehmensgeist und Kreativität.
Der Schulgarten, das wird mein Projekt, ich habe dort etwas begonnen, wovon ich anfangs überhaupt keine so klare Idee hatte, doch sie wird immer deutlicher immer umrissener und es soll dort ein Ort entstehen, der eine andere Form des Lernens und Zusammenseins ermöglichen soll, ein Ort an dem es Freude macht zu sein.
Ich will noch in den Jahren, die mir an der Schule verbleiben, etwas verändern, will nicht einfach so in Pension gehen, genauso ans Ende gewurschtelt zu haben wie die davor, nach dem resignierenden Motto: was willst du denn verändern, die Struktur ist zu starr, wir müssen uns nach der Decke strecken etc. also: kleine Brötchen backen, das ist es, was angesagt ist Herr Seyfried -oder?
Ich habe diese Form der Bäckerei satt, ich bin kein Revolutionär, spreche auch nicht davon, ich will Veränderung, Veränderung von Haltungen: der Lehrer_innen, der Schüler_innen und v.a. eine andere Beziehungsstruktur im Gesamtbiotop Schule, denn die aktuell existierenden Athmosphären sind vergiftet, man wird schon beim Atmen krank, die Klassenzimmer gleichen trotz aller Bemühungen kalten Aufenthaltsräumen, wo man, mag man die Tische stellen, wie man will, keine so wirklich positive Athmosphäre hineinbringt, schon gar nicht eine das Lernen-Befördernde und Sich-Darin-Aufhalten-Wohl-Fühlen-Könnens. Die Fächerstruktur ist strukturell destruktiv was das Erfassen von Gesamtzusammenhängen angeht und muss folglich gesprengt werden, genauso wie der Stundentakt, zwei Grundvoraussetzungen, um Änderungen herbeiführen zu können.
Es ist an der Zeit endlich das Buch von Foucault “Überwachen und Strafen” zu lesen, dort beschreibt er die Wurzeln der Disziplinargesellschaft. Heute wollen wir sie überwunden haben, doch wir stecken strukturell noch immer ganz tief drinnen und uns scheinen die Alternativen zu fehlen, die einzige Alternative, die zu greifen scheint ist die der Verführung, der Manipulation durch eine Maschinerie der Werbung, der Beeinflußung, des medialen Dauerbeschuß, nur so scheinen wir eingepasst zu werden – eine hoch entwickelte Gouvernementalität mit dem Decknamen Individualität, die eine Entwicklung hin zur permanenten Vernormung und Standardisierung verdeckt.
Ist unser Individualismus reine Fiktion? Was können wir dem überhaupt noch entgegensetzen? Auf welche Kräfte müssen wir uns besinnen, um eine wirkliche Gegenkraft zur totalen Ökonomisierung entwickeln zu können, eine Kraft, die diesem Ökonomie-Tsunamie auch standhält und nicht sofort wieder davon aufgefressen wird, denn eines ist klar: die McKinsey-Jünger und Jüngerinnen sind bereit bis zum letzten zu kämpfen, zumindest solange sie nicht ein totales Burn-Out ins Off katapultiert.